Isa Genzken

Collagen

25.10.2019 – 14.12.2019

Baaderstr. 56 B

Isa Genzken
ohne Titel, 2016
Fotos, Papier, Karton, Münze, Acryl, Glitter, Metall-, Papier- und Kunststoff-klebeband, Kunststofffolie
99 × 95 cm
© VG Bild-Kunst, Bonn, 2019

Isa Genzken ist weltweit eine der bedeutendsten und einflussreichsten KünstlerInnen der letzten 40 Jahre. Ihr innovatives, vielseitiges, komplexes und kompromissloses Werk wurde 2013 in einer Retrospektive im Museum of Modern Art in New York präsentiert, der ersten großen Einzelausstellung Isa Genzkens in Amerika. Weitere Stationen waren das Museum of Contemporary Art Chicago und das Dallas Museum of Art. Diese Gesamtschau beinhaltete Assemblagen, Skulpturen, Malerei, Fotografie, Collagen, Zeichnungen, Künstlerbücher, Filme sowie große raumgreifende Installationen und machte nicht nur den absolut freien Umgang Isa Genzkens mit unterschiedlichen Techniken und Medien deutlich, sondern auch die radikalen Brüche, die sie immer wieder in ihrer langen, nie unterbrochenen Karriere vollzogen hat. Ihre künstlerische Kraft ist einzigartig und behandelt die Grundthemen von Modernität und urbaner Architektur.
Ihre ersten Erfolge erzielte Isa Genzken in den späten 1970er-Jahren, als deutsche und amerikanische Künstler wie Gerhard Richter, Joseph Beuys, Carl Andre, Sol LeWitt, Dan Graham oder Lawrence Weiner die kunsttheoretischen Debatten dominierten. Bei Gerhard Richter studierte Isa Genzken an der Akademie der Bildenden Künste in Düsseldorf; die amerikanischen Kollegen lernte sie in der Galerie Konrad Fischer kennen, wo sie als erste Frau 1976 eine Einzelausstellung erhielt. Bereits zu diesem frühen Zeitpunkt widersetzte sich Isa Genzken dem Primat der Stile und schuf aus Holz gefertigte, raumgreifende, ästhetisch perfekte Bodenskulpturen, Hyperboloide und Ellipsoide, die zwar minimalistisch inspiriert, aber nicht den Dogmen von Minimalismus oder Konzeptkunst unterstellt waren. Die Skulpturen basierten auf aufwendigen Computerberechnungen und einem komplizierten Produktionsprozess. Sie waren derart gestaltet, dass eine narrative Ebene zu der reinen Form hinzukam und aus der geometrischen Form ein mit Inhalt aufgeladenes Objekt wurde. Zu einem ähnlichen Ergebnis, aber mit diametral entgegengesetzten künstlerischen Mitteln, gelangte Isa Genzken mit den in den 1980er-Jahren produzierten brutalistischen Betonskulpturen. Sie erinnern auf magische Weise an Architektur-Maquetten oder heißen Weltempfänger und berichten davon, dass ein mit einer Antenne bestückter Betonklotz ebenfalls ein mit Bedeutung aufgeladenes Objekt sein kann. Im Unterschied zu den früheren Skulpturen, konnte der Produktionsprozess hier stark vereinfacht und wieder zurück in das Atelier verlegt werden, was für Isa Genzken wichtig war. In dieser Zeit arbeitete sie so radikal wie niemand sonst an einer Neudefinition von dem, was Skulptur bedeuten kann, und es entspricht einer inhärenten Logik, dass im Diskurs grundsätzlicher Fragestellungen Isa Genzken ab den späten 1990er-Jahren komplexe narrative Installationen schuf, in denen sie Materialien der konsumorientierten Warenwelt zu eindrücklichen, filmsetartigen Szenarien zusammentrug.

In der aktuellen Ausstellung zeigen wir eine Auswahl von Zeichnungen aus dem Jahr 1987, die aus einem Zyklus stammen, der etwa 80 Blätter umfasst. Bereits 1986 hatte Isa Genzken eine Gruppe von Gipsskulpturen geschaffen, in der sie sich mit zeitgenössischer Architektur auseinandersetzte und auf die sich diese Zeichnungen beziehen. Sie sind Ergebnis einer Transformation bildhauerischer Probleme in das Medium des Zeichnens und Malens und leiten über zu den oben genannten Betonskulpturen. 1986 waren sowohl die Gipsskulpturen als auch 1987 der Zeichnungszyklus in der Galerie Fred Jahn München ausgestellt.
In den Fotocollagen thematisiert Isa Genzken nochmals die Narration und gewährt Einblick in ihr Leben. Mittels Selbstbildnissen, die sie sequenzartig montiert, legt sie biografische Brüche offen. Auch hier sind die Überschneidungen des Mediums Film mit dem der Collage evident. In einem Interview sagte Isa Genzken einmal, dass sie sich nicht explizit als politische Künstlerin verstehen würde. Dennoch hat Kaspar König, der sie sehr früh ausgestellt hat, mit der Aussage recht, dass ihre Kunst ein gesellschaftspolitisches Statement sei und anthropologisch gesehen immer genau den Punkt träfe.

Isa Genzken, 1948 in Bad Oldesloe geboren, nahm ab 1980 an internationalen Ausstellungen teil: 1982, 1992 und 2002 documenta 7, IX und 11; 1982, 1993, 2003, Biennale Venedig, 2007 Einzelvertretung im Deutschen Pavillon; 1987, 1997, 2007 Skulptur Projekte Münster; 2001 Biennale Istanbul; 2004 Carnegie International, Pittsburgh; 2016 Gropius Bau, Berlin. Weitere Werksübersichten fanden 2010 im Museion, Bozen, 2009 im Museum Ludwig, Köln, und in der Whitechapel Art Gallery, London, statt.