Thomas Arnolds

Ort und Hall

25.01.2019 – 02.03.2019

(Baaderstr. 56C)

Was ihn aber mit voller Macht anzog, war eine hohe lichtblaue Blume, die […] ihn mit ihren breiten, glänzenden Blättern berührte. […] Er sah nichts als die blaue Blume [,] und betrachtete sie lange […]. “ Novalis, Heinrich von Ofterdingen, 1802 (1)
In einem magischen Blau erstreckt sich das wuchernde Geäst eines Baumes über die Bildfläche. Dargestellt in dicken, monochromen Farbsträngen, wie sie direkt aus der Maltube kommen, setzt sich das Gewächs von der Leinwandoberfläche ab und durchbricht auf diese Weise die Zweidimensionalität des Werkes. Die üppige Materialität des Baums tritt dabei mit eher flächig erscheinenden, geometrischen Formen sowie Hintergrundschattierungen in einen spannungsreichen Kontrast. In einem Bild deutet sich ein Innenraum mit abstrahiertem Tisch und Bonsai an; andere Malereien lassen hingegen offen, ob es sich um Landschaften, Interieurs oder Bonsai-Stillleben handelt.
In ähnlicher Weise wie ein Bonsai sein natürliches Vorbild im Miniaturformat imitiert, gleichzeitig aber in seiner Wuchsrichtung geformt werden kann und von seinem Vorbild abweicht, lotet Thomas Arnolds zentrale Fragen der Malerei aus. Dabei spielt er mit Prinzipien der Wiederholung und Varianz, der Reduktion und Redundanz, der Akkumulation und Konzentration. Verwischungen und fein gemalte Partien stehen duktuslastigen Setzungen gegenüber. Materialität, Fläche und Struktur erweisen sich als vorherrschende Parameter in Arnolds Untersuchung malerischer Prozesse. Während der Künstler durch pastosen Farbauftrag einerseits Plastizität kreiert, negiert er bei seinen zweidimensional ausgeführten Ölbildern andererseits die Zentralperspektive und somit die räumliche Darstellung. Arnolds begreift Malerei immer auch als Ort der Konfrontation.
Nachdem der Künstler malerische Belange in seinen Anfangsjahren anhand der Grundfarben Rot, Gelb und Blau ergründete, erweiterte er schließlich seine Farbpalette und erprobte diese zudem anhand monochromer Werke. In seinen neuen Arbeiten fokussiert sich Arnolds neben den Nichtfarben Schwarz und Weiß auf Blau und seine tonalen Abstufungen. Aspekte der Farbsymbolik interessieren ihn ebenso wie metaphysische Phänomene. So versinnbildlicht das Motiv der blauen Blume, wie es Novalis in der Romantik literarisch einführte, das Streben nach Unendlichkeit sowie nach dem Unerreichbaren – Ideen, die der Künstler in seinen Malereien anklingen lässt. In anderen Werken nähert sich Arnolds architektonischen Sujets an: Anhand des Motivs der Säulenbasis, wie es auf die klassischen Säulenordnungen und ihre klassizistischen Rückbezüge verweist, spürt er Momenten der Beugung, Biegung und Dehnung nach. Fest steht: Arnolds entwirft in seiner malerischen Auseinandersetzung mit Natur, Kultur und Architektur einen ganz eigenen Bildbauplan.
Thomas Arnolds (geboren 1975 in Geilenkirchen, lebt und arbeitet in Köln) absolvierte zunächst eine Ausbildung zum Steinmetz und Bildhauer, bevor er bei Walter Dahn an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig studierte. Neben Soloschauen im Kunstverein Reutlingen oder aktuell im Leopold-Hoesch-Museum in Düren wurden Arbeiten des Künstlers in internationalen Städten gezeigt, die von Los Angeles über Beirut bis Dubai reichen. Sein Werk befindet sich in renommierten Sammlungen wie dem Kunstmuseum Bonn, dem Leopold-Hoesch-Museum, Düren, und dem Rotterdamer Museum Boijmans van Beuningen, wo Arnolds bereits ausgestellt hat.
(1) Tieck, Ludwig und Fr. Schlegel (Hg.) (1826): Novalis Schriften, 4. Aufl., Berlin: Reimer, 7-8.