Claudia Hirtl

Bilder

13.09.2019 – 23.11.2019

Dies ist die zweite Einzelausstellung von Claudia Hirtl bei Susan Boutwell in München. Nach zwei erfolgreichen Jahren mit umfangreichen Einzelausstellungen in Bozen, Italien, im Südtiroler Kulturinstitut und in Schwaz, Österreich, im Rabalderhaus , kehrt Claudia Hirtl mit neuen Bildern zurück nach München.
Was für eine Art von Dialog kann in der Begegnung mit den „Bilderrätseln“ von Claudia Hirtl entstehen? Welche Art von Denkanstoß oder Reflexion wird von Hirtls Kunst ausgelöst oder was für Sinnesempfindungen—jenseits von kognitiver Wahrnehmung— können dabei inspiriert werden?
Da stehen zweifellos Zeichen vor uns: aus dem Japanischen entlehnte und zum Teil auch stark verfremdete kanji sind in den—mit unterschiedlichen Anlagen von Pigmenten geschaffenen—vielschichtigen Bildtext eingefügt. Das Erkennen des kanji, wenn einem dies gelingt, lässt einen aber nicht viel weiterkommen als das Ablesen des (bisweilen gegebenen) Titels, der lediglich auf das dem japanischen Zeichen unterliegende begriffliche Konzept verweist. So skriptural die Bilder an ihrer Oberfläche sind, so profund schrift- beziehungsweise sprachbezogen sind die Bilder auch in ihrer Wesenshaftigkeit. Der Sinngehalt von Hirtls Bildern kann erst erschlossen werden, wenn man die materiellen Bildbestandteile, den Arbeitsvorgang und Bedeutungsintention ganzheitlich betrachtet.
Es sind philosophische Begriffe, um deren Aufarbeitung oder besser gesagt, um deren Erarbeitung es Hirtl in ihrer Kunst geht. Hirtls Bilder sind künstlerische Annäherungen an Grundkonzepte der menschlichen Befindlichkeit bzw. Aspekte von Seins-Zuständen, wie sie in östlicher Philosophie reflektiert werden: in ihrem Gesamtwerk figurieren immer wieder die Konzepte von Zeit, Ort, Selbst, Sprache und die Gegenüberstellung von Innen und Außen. Hier in dieser Auswahl von Bildern beschäftigt sich die Künstlerin mit dem Fluss der Zeit, mit dem Lauf der Zeiten (auch mit Endlosigkeit) und der Vorstellung vom Selbst. Hinter diesen Kategorien versteckt sich eine Vielfalt von Vorstellungen, die vom Gedankengut der Phänomenologie, der Hermeneutik genauso wie von der japanischen Kyoto Schule beeinflusst scheinen. Das jeweils verwendete Zeichen, egal wie abgewandelt es vom ursprünglichen kanji auch sein mag, dient als Markierung; die künstlerische Umwandlung der Assoziationsketten, die sich an die ausgewählten Begriffe anknüpfen, zeigt sich aber im Prozess der Darstellung—sei das nun in der hervorragenden Tiefenstruktur jedes Bildes, in der Aneinanderreihung bzw. Gegenüberstellung der einzelnen Tafeln, oder auch in der Auflösung bzw. Fragmentierung des zeichenhaften Referenten über etliche Bildteile hinweg.
Die Dynamik von Hirtls Bildern erfordert eine Bewegung der Beschau: es geht hier nicht um eine Abfolge von Bildern (oder Bildteilen), sondern um Verschiebung, Überlagerung, Verdichtung von Bild- und damit Sinngehalten. Nicht stummes oder starres Betrachten, sondern inneres Mitgehen wird notwendig. Denn hier präsentiert sich kein Resultat, sondern ein Geschehen.

Claudia Hirtl, geboren in Wörgl, Tirol, lebt und arbeitet in Wien: Diplom, Akademie der Bildenden Künste Wien (1976-80); M.A., Tokyo Geijutsu Daigaku- Tokyo National University of Arts and Music (1985 – 1988); Lehrtätigkeit an Akademie der Bildenden Künste (1988-1997); Gastlehrtätigkeit an zahlreichen internationalen Einrichtungen (z.B. Cooper Union, NY; Central Saint Martin’s, London; Zokey Daigaku, Tokio). Diverse Preise, u.a. Tiroler Landespreis für Zeitgenössische Kunst (2016). Einzelausstellungen und permanente Installationen (Auswahl): Rabalderhaus Schwaz (2018); Italienisches Kulturinstitut Bozen (2017); Galerie Susan Boutwell, München/Sydney (2017); Galerie Ulysses (2011); Kibla Maribor (2009); Galerie Schloss Parz (2007); Galerie Artmark (2006); Okamura Sammlung, Tokio (2003); RLB Kunstbrücke Innsbruck (2002); Kunsthalle Hall Salzlager (2002); Landeskrankenhaus Salzburg (2000); YGU Kofu, Japan (1999); Matsumoto Collection Shinjuku, Tokio (1998); Semper Depot, Wien (1996). Portraitfilme: „Claudia Hirtl“ von Daniel Zanetti (2017); „Hirtl—Zeitweisen“ von Christine Ljubanovic (2013)

Claudia Hirtl
Gespiegeltes Selbst, 2018
250 x 100 x 3 cm