Die Sonne um Mitternacht schauen.

Gegenwartskunst aus dem Lenbachaus und der KiCo Stiftung

29.09.2020 – 01.08.2021

Artists/Künstler*innen:
AA Bronsen, Monica Bonvicini, Candize Breitz, Valie Export, Isa Genzken, Flaka Haliti, Barbara Hammann, Judith Hopf, General Idea, Annette Kelm, Barbara Klemm, Eva Kot´átková, Maria Lassnig, Michaela Melián, Senga Nengudi, Helga Paris, Friederike Petzold, Tejal Shah, Cindy Sherman, Katharina Sieverding, Rosemarie Trockel

Die Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München präsentiert Werke der Gegenwartskunst, die seit 1958 bis heute entstanden sind. Das früheste Werk ist ein Gemälde von Maria Lassnig, die in den 1950er Jahren eine gegenstandslose Malerei verfolgte. Mit ihrer körperbetonten Gestik nahm sie Entwicklungen des Abstrakten Expressionismus vorweg. Später schrieb sie Kunstgeschichte durch die Einführung der „Körperbewusstseinsmalerei“, mit der sie ihren eigenen Körper, oft im Zusammenhang mit Geschlechterfragen, auf der Leinwand thematisierte. Seit den 1960er Jahren waren VALIE EXPORT und Friederike Pezold im feministischen Kunst-Diskurs aktiv und wurden bekannt für ihre radikalen Performances, Videos und Fotografien. Meist stellten sie sich selbst in den Fokus und bezogen die Öffentlichkeit in Debatten über den weiblichen Körper und den männlichen Blick mit ein. VALIE EXPORT selbst sagte: „Der weibliche Körper war schon immer eine Konstruktion. Sogar die feministische Kunst der 1970er Jahre hat einen Körper nach ihren eigenen Vorstellungen gestaltet, und diesbezüglich war es auch eine Form der Manipulation.“
Das Lenbachhaus hat früh Positionen zu feministischer Kunst in Ausstellungen gezeigt und für die Sammlung erworben. Auch die Werke von Rosemarie Trockel und Barbara Hammann sind in diesem Zusammenhang zu sehen. Fragen von Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern und deren Verhältnis zueinander beschäftigten in den 1970er Jahren auch die Künstler des kanadischen Kollektivs General Idea, zu dem AA Bronson gehört. Gender-Fragen oder die AIDSKrise waren zentral in ihrer künstlerischen Befassung. Sehr persönlich und auf sich bezogen, aber immer das Gesellschaftliche im Blick, geht die Fotografin Cindy Sherman mit dem Thema ihres Körpers, Geschlechterfragen, der Konstruktion von Identität und dem für sie damit verbundenen Schrecken um. Eine junge Position zum Thema Identitätsbildung, Humanität und Sexualität vertritt Tejal Shah, deren hier gezeigtes Werk erstmals bei der documenta 13 im Jahr 2012 zu sehen war. Soziale Herkunft und der Umgang mit dem eigenen Selbstverständnis innerhalb größerer gesellschaftlicher Zusammenhänge sind auch Themen von Candice Breitz, Flaka Haliti, Eva Kot’átková und Senga Nengudi. Sie gehören verschiedenen Generationen an und bearbeiten ihre Anliegen in unterschiedlichen Medien von Performance über Installation, Film und Fotografie. Monica Bonvicini und Isa Genzken beschäftigen sich mit Machtstrukturen, die sich in Architektur und urbanen Zusammenhängen als Lebensraum der Menschen widerspiegeln. Dabei spielen Immobilienspekulation, Ausbeutung durch rücksichtslose Regierungen aber auch Naturkatastrophen eine Rolle.
Die Fotografinnen Barbara Klemm und Helga Paris dokumentierten seit den 1960er/70er Jahren die politische und soziale Wirklichkeit im geteilten Deutschland, deren Protagonisten persönliche und gesellschaftliche Identitäten, politische wie soziale Umbrüche, Feminismus und Emanzipation sowie das Leben in Familien und Nachbarschaften waren.
Der Titel „Die Sonne um Mitternacht schauen“ ist einem Werkzyklus von Katharina Sieverding entliehen. Die Fotografin begann 1975 mit Großformat zu arbeiten und war damit als Frau im Kunstbetrieb lange eine Ausnahmeerscheinung. Ihrer Zeit voraus war sie auch mit ihren Bildthemen, in denen sie das große Ganze in den Blick nimmt: Politik, deutsche Geschichte, Geschlechteridentität und die Macht des Bildes in der digitalen Zeit. Der Titel bleibt enigmatisch, ruft aber auch das klare Bild vor Augen, dass Dinge und Themen aus der einen Sicht im Dunkeln verborgen liegen, aus der anderen hingegen hell und klar aufscheinen. Wo die Sonne zu einer Zeit scheint, ist sie für andere nicht zu sehen und doch existiert sie immer und überall und ist Grundvoraussetzung allen Lebens auf der Erde. Zu diesem Leben gehören Fragen und Konflikte, die die Bedingungen für das Zusammenleben einzelner Menschen, ganzer Gesellschaften sowie das Bestehen globaler Zusammenhänge betreffen. Diesen Bedingungen liegen Ungleichgewichte in Machtausübung, Sprachhoheit und Rollenwahrnehmung zugrunde, die in den hier ausgestellten Kunstwerken behandelt werden.
Die Ausstellung versammelt unter anderem erstmals zu sehende Neuerwerbungen und Schenkungen der letzten Jahre – vor allem auch Werke der KiCo Stiftung, die das Lenbachhaus seit über 20 Jahren im Bereich der Gegenwartskunst unterstützt.

Kuratiert von Eva Huttenlauch und Matthias Mühling

Katharina Sieverding
Kontinentalkern X / Die Sonne um Mitternacht schauen, 1988
Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München
© VG Bild-Kunst, Bonn 2020, Foto: Lenbachhaus
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